Mit technischen Vergrößerungsmedien tun sich selbst auf dem kleinsten Krumen unermesslich weite Landschaften auf. Allerdings haben Mikroskope ein sehr begrenztes Blickfeld und liefern daher nur enge Bildausschnitte. Man ist zu einer fragmentarischen Betrachtungsweise gezwungen, die Gesamtheit winziger Strukturen ist nicht zu überblicken. Weil die meisten Bereiche der ausufernden Kleinstwelten noch nicht in den Blick genommen werden konnten, gleicht das Wissen vom Mikrokosmos einem Puzzle, von dem die meisten Teile fehlen. Anhand eines exemplarischen Tieres habe ich erstmals alle Teile betrachtet und in einer neuen Bildform versammelt.
Die Hawaiianische Höhlenzikade – Oliarus polyphemus – ist zunächst ein eher unscheinbares Tier. Nur etwa 3 mm groß, farblos, blind und flugunfähig, schafft sie es trotzdem eine äußerst karge und beschwerliche Umgebung zu bevölkern: Sie lebt ausschließlich in Höhlen erkalteter Lavaströme auf Hawaiis Big Island. Die Abgeschlossenheit dieses Lebensraumes macht sie zu einem Modellorganismus für evolutionäre Forschungen. Außerdem bringt das Rasterelektronenmikroskop auf ihrer Oberfläche vielfältige Mikrostrukturen zu Tage, in denen sich unzählige noch unbekannte Merkmale verstecken.
Die Werkstatt zur Untersuchung der Zikade war in die Ausstellungsräume des Museums für Naturkunde integriert. Alle Arbeiten fanden permanent öffentlich statt, um Besucher*innen einen Einblick in die Forschungsarbeit zu geben. Der Raum zwischen den Bildern diente als Treffpunkt, um sich mit den Zikaden-Expert*innen des Museums auszutauschen. Durch die Größe der Abbildungen entstand zu dem winzigen Tier ein körperliches Verhältnis, das uns leibhaftig vor Augen führte, was für ein unermessliches Thema die Vielgestaltigkeit der Organismen birgt.
Kooperation mit Dr. Hannelore Hoch und Dr. Andreas Wessel